30.11.2021, 11 Uhr

„Ich habe gesehen, wie ein Theaterstück entsteht“ – Nachlass des Theaterfotografen Percy Paukschta erschlossen

Stephan Hermlin, Bertolt Brecht und Helene Weigel bei der Veranstaltung anlässlich des Jahrestages der Oktoberrevolution im Berliner Ensemble, 7. November 1954

Im November 2020 erhielt das Bertolt-Brecht-Archiv den Nachlass des Theaterfotografen Percy Paukschta als großzügige Schenkung seiner Erben, einer befreundeten Familie. Paukschta, der mehr als 30 Jahre im Fotolabor des Berliner Ensembles tätig war, hinterließ einen kleinen Bestand an persönlichen Dokumenten, darunter auch Korrespondenzen mit Elisabeth Hauptmann, Ernst Busch, Ruth Berlau, Barbara Brecht-Schall, Karl-Heinz Drescher und Manfred Grund. Besonders wertvoll ist die mit der Schenkung verbundene Übergabe der Rechte am fotografischen Werk von Percy Paukschta.

Zahlreiche Fotografien von Paukschta, die während der Aufführungen des Berliner Ensembles (1951 bis 1982) entstanden, sind nicht Teil dieses Bestandes, sondern wurden bereits in den Beständen der Fotoarchive des Bertolt-Brecht-Archivs, des Historischen Fotoarchivs Berliner Ensemble sowie in mehreren weiteren Beständen im Archiv Darstellende Kunst überliefert.

Paukschta wurde 1916 in Riga/Lettland geboren, besuchte dort die Schule und fand nach dem Abitur eine Anstellung als Laborant in einer Foto-Firma. Er leistet ein Jahr Dienst im Militär. Im November 1940 wurde er zur Marine-Wetterwarte eingezogen und geriet später in Kriegsgefangenschaft. Im Herbst 1947 zog die Familie Paukschta nach Deutschland und im Frühjahr 1948 nach Berlin. Hier heiratete er Christa Suchland. Im November des gleichen Jahres wurde ihr Sohn René geboren. Nach einer kurzen Anstellung bei einem Fotografen bewarb er sich 1951 am Berliner Ensemble. Anfangs war er als Laborant tätig. 1954 wurde ihm die Leitung des Fotolabors übertragen. Bis zum Oktober 1982 blieb er als Theaterfotograf im Berliner Ensemble tätig.

Percy Paukschta verfasste einen Lebensbericht, in dem er auch seine Zeit am Berliner Ensemble schildert. Mit diesem Dokument, das als Typoskript im Nachlass überliefert ist, erhalten wir wertvolle Einblicke in die damalige Theaterarbeit, lesen von technischen und persönlichen Herausforderungen, welche sich durch die an die Mitarbeiter*innen des Fotolabors am Berliner Ensemble gestellten Aufgaben ergaben und können uns einige Begebenheiten mit Bertolt Brecht fast bildlich vorstellen. Paukschta lieferte zuverlässig, was Bertolt Brecht und Helene Weigel an fotografischer Dokumentation benötigten. Darunter auch die von Brecht so bevorzugte Totale, die das Arrangement zeigte. Immer wieder gelangen Paukschta aber auch genaue Aufnahmen von einzelnen Schauspieler*innen oder kleinen Gruppen. Es ist kein Zufall, dass genau diese Fotos häufiger reproduziert wurden.

Die Arbeiten des Fotografen haben das Bild der ersten Jahrzehnte des Berliner Ensembles geprägt. Percy Paukschta ist neben Ruth Berlau, Hainer Hill und Vera Tenschert einer der großen Namen der Theaterfotografie an Brechts Haus.

Der nun erschlossene Bestand des Percy-Paukschta-Archivs umfasst 0,5 lfm. und steht der Forschung und interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung.

Ansprechpartnerin: Anett Schubotz

Helene Weigel, Norbert Christian, Martin Flörchinger u.a. in Die Mutter von Bertolt Brecht (nach Maxim Gorki), Berlin, Berliner Ensemble, 1967