24.9.2020, 09 Uhr

Die Zauberin. Akademie der Künste übernimmt Archiv von Natascha Ungeheuer

Natascha Ungeheuer, Prozession, 1998, Öl auf Leinwand

Natascha Ungeheuer hat ihr Archiv der Akademie der Künste übergeben. Die 1937 unter dem Namen Ursula Rosa Ungeheuer in Blumenfeld/Baden geborene Malerin reiste als junge Frau quer durch Europa. Nach dem Lehrerexamen an der Pädagogischen Hochschule Lüneburg studierte sie 1960 Tanz bei Harald Kreuzberg in Bern. 1962 kam Ungeheuer in die Inselstadt West-Berlin, wo sie zwei Jahre später bewusst als Autodidaktin zu malen begann und bis heute lebt und arbeitet. Ihre Werke wurden ab 1966 auf zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland vorgestellt. Von 1969 bis 1975 spielte sie im Kreuzberger Straßentheater mit und stellte Masken wie Bühnenbilder zu den jeweiligen Inszenierungen her.

Das Natascha-Ungeheuer-Archiv wird von der Archivabteilung Bildende Kunst betreut. Neben Unterlagen zu Person und Werk umfasst es im Wesentlichen Briefe von Schriftsteller*innen und Künstler*innen wie z.B. Wolf Biermann, Heinrich Hannover, Yaak Karsunke, Helga M. Novak, Christoph Meckel und Reinhard Lettau, dessen Archiv sich ebenfalls in der Akademie der Künste befindet. Besondere Bedeutung kommt den überwiegend handschriftlichen – nicht selten mit Zeichnungen versehenen – Mitteilungen des Dichters Johannes Schenk (1941 – 2006) an seine Lebensgefährtin Natascha Ungeheuer aus Berlin und Worpswede zu. Bereits seit 1998 bereichert sein in einem Überseekoffer übergebener literarischer Nachlass das Literaturarchiv der Akademie. Nun zeugen mehr als sechshundert Briefe allein im Natascha-Ungeheuer-Archiv, datiert auf den Zeitraum von 1964 bis 2006, von der Intensität der Beziehung des Künstlerpaares und den oft ungewöhnlichen Umständen ihres Lebens und Arbeitens. Über die Korrespondenz hinaus enthält das Archiv eine Sammlung von Druckschriften mit Rezensionen, Flyern und Einladungen zu Ausstellungen der bildenden Künstlerin, biografische Unterlagen sowie einzelne audiovisuelle Materialien. Eines ihrer etwa 160 Ölbilder, das Werk Prozession (1998), befindet sich – ebenfalls als Schenkung – in der Kunstsammlung der Akademie der Künste.

Die Wahrhaftigkeit der vom Komponisten und „Ungeheuer-Verehrer“ Hans Werner Henze 2012 an die Künstlerin gerichteten Briefzeilen: „Ich nehme an, dass Sie weiterhin Ihre Phantasie und Ihre so menschliche Freundlichkeit und Wärme in die Welt schicken und dass viele Betrachter angerührt sein werden von ihrem gedanklichen Tun“, kann ab dem 24. September 2020 in der Ausstellung „Natascha Ungeheuer. Gemälde und Gouachen aus 50 Jahren“ in der Galerie Brockstedt in der Mommsenstrasse 59 und künftig im Akademie-Archiv am Robert-Koch-Platz 10 in Berlin überprüft werden.

Ansprechpartner: Michael Krejsa, Leiter des Archivs Bildende Kunst