1960

Karl Erich Müller

Nach seiner Rückkehr aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft studiert Karl Erich Müller ab 1946 an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle an der Saale in der Klasse von Erwin Hahs. Der Einfluss des vom Bauhaus inspirierten Lehrers auf Müllers Frühwerk ist prägend: streng aufgebaute Kompositionen in lockerem Duktus und ein stimmungsvolles, reduziertes Farbspektrum. 1947 ist Müller neben Willi Sitte Gründungsmitglied der Hallenser Künstlergemeinschaft „Die Fähre“. Ab den 1950er Jahren erarbeitet er eine expressivere Farbigkeit, die seine sozialistischen Arbeiterbilder prägen. Müllers spätere Werke zeugen sowohl von seinem Interesse an orientalischer Archäologie als auch von auch von zahlreichen Studienreisen nach Indien, Sri Lanka und Pakistan.

Textbeiträge zur Preisverleihung

„Müller gehört zu den Künstlern, die konsequent der gesellschaftlichen Forderung nach einer politisch-künstlerischen Aussage in ihrem Werk entsprechen.“ (Auszug Begründung)

Die Sektion Bildende Kunst der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin schlägt vor, Karl Erich Müller, Halle/Saale, geboren 1917, für sein grafisches Schaffen, besonders für seine Zyklen, mit dem Käthe-Kollwitz-Preis der Deutschen Akademie der Künste auszuzeichnen.

Wenn die Sektion Bildende Kunst für die erste Zuerkennung des neu gestifteten Käthe-Kollwitz-Preises den hallischen Grafiker Karl Erich Müller vorschlägt, so bewegt sie dazu vor allem die in seinem gesamten Schaffen klar erkennbare parteiliche Stellungnahme für die Sache des sozialistischen Fortschritts und des Friedens.

Karl Erich Müller hat bereits vor zehn Jahren in mehreren Illustrationsfolgen gesellschaftskritische Themen bevorzugt. Er illustrierte u.a. Heinrich Manns Untertan und Hašeks Braven Soldaten Schwejk. Müller gehört zu den Künstlern, die konsequent der gesellschaftlichen Forderung nach einer politisch-künstlerischen Aussage in ihrem Werk entsprechen.

Müllers Lithografien-Zyklen Algerien und Marcinelle, beide 1957 entstanden, zählen zu den meistbeachteten Werken der deutschen Gegenwartsgrafik. Ihre Bedeutung wird durch die Tatsache unterstrichen, dass sie auf vielen internationalen Ausstellungen als repräsentativ für unsere zeitgenössische Grafik gewertet werden. So schrieb die Sowjetskaja Kultura anlässlich der Grafikausstellung der Deutschen Akademie der Künste in Moskau und Leningrad, der Zyklus Algerien sei „eine entschiedene und zornige Warnung an die Brandstifter eines neuen Krieges“. Wie zutreffend diese Feststellung ist zeigte sich anlässlich einer anderen Auslandsausstellung der Deutschen Akademie der Künste. Man versuchte hier von westlicher Seite sogar auf diplomatischem Wege, die Wirksamkeit des Zyklus Algerien zu unterbinden.

Karl Erich Müller hat mit den genannten Zyklen zur rechten Zeit einen aktiven Beitrag zu unserem Kampf um den realen Humanismus und unserer progressiven Kunst geleistet. Die Anerkennung der Sektion Bildende Kunst gilt diesem Bemühen. Sie soll den Künstler anspornen und ermutigen, das von ihm Begonnene fortzusetzen und zu vervollkommnen.

Postalische Danksagung von Karl-Erich Müller vom 30. März 1960:

Sehr verehrter Herr Präsident!
Sehr verehrte Meister!

Nachdem ich durch die große Überraschung mein inneres Gleichgewicht wiederbekommen habe, möchte ich Ihnen nochmals auf diesem Wege meine Freude und meinen tiefempfundenen Dank aussprechen! Mir ist bewusst, dass die Verleihung des Käthe-Kollwitz-Preises an mich verpflichtend ist. Und ich gebe Ihnen das Versprechen, dass ich weiterhin bemüht sein werde meine künstlerische Kraft für seine gute Sache einzusetzen, nämlich für den Frieden und für den Sozialismus.

Es grüßt Sie hochachtungsvoll
K. E. Müller